Freizeitwohnsitze in Tirol: Rechtliche Herausforderungen im Spannungsfeld zwischen Eigentümer:innen, Gesetz und Politik

Viele Gegenden in Tirol zählen zu beliebten Urlaubsdestinationen unserer nördlichen Nachbarn. Damit einher geht seit Jahrzehnten die Diskussion um die sogenannten Freizeitwohnsitze. Das sind Unterkünfte, die laut Gesetz nicht als Lebensmittelpunkt, sondern nur der Erholung dienen.

In den Tiroler Gemeinden sind Freizeitwohnsitze eingeschränkt beliebt. Wohnimmobilien, die die meiste Zeit des Jahres leerstehen verknappen den verfügbaren Wohnraum, treiben die Immobilienpreise in die Höhe und sind ein Minus für die örtliche Infrastruktur (Bevölkerung, Verwaltung, Steueraufkommen).

Gleichzeitig sind Nutzer:innen von Freizeitwohnsitzen willkommene Gäste der Tiroler Tourismuswirtschaft, die zum Teil schon seit Jahrzehnten regelmäßig nach Tirol kommen, um hier Urlaub zu machen. Wenn möglich im eigenen Ferienwohnhaus, das in vielen Fällen für eine ganzjährige Unterkunft zu klein ist und aus diesem Grund und wegen der auch in Tirol stattfindenden Landflucht am regulären Wohnungsmarkt nicht vermisst wird.

Verkäufer der Freizeitwohnsitze bzw. des Grund und Bodens dafür sind in aller Regel Einheimische, die – siehe Landflucht – ihre Liegenschaften nicht oder nur zu ungünstigen Preisen an andere Einheimische verkaufen können. Für sie ist es vorteilhaft, ihr Eigentum zu attraktiveren Preisen im EU-Raum anbieten zu können.

Die Tiroler Landespolitik fühlt sich in dieser Gemengelage verantwortlich, Wohnqualität und Verfügbarkeit von Immobilien für die einheimische Bevölkerung zu sichern, wobei ein besonderes Anliegen ist, „illegale“ Freizeitwohnsitze zu bekämpfen. Das sind Freizeitwohnsitze, für die nach aktueller Gesetzeslage keine aufrechte Bewilligung oder Ausnahmegenehmigung besteht.

Wo, wie viele solcher illegalen Freizeitwohnsitze liegen und ob sie dort den Wohnraum zu Lasten der einheimischen Bevölkerung verknappen und/oder teurer machen, wird nicht angegeben. In den Medien ist seit Jahren von angeblich bis zu 10.000 illegalen Freizeitwohnsitzen in Tirol die Rede, das entspricht etwas mehr als 2 %1 aller Wohnungen in Tirol, wobei auffällt, dass die kolportierte Zahl seit Jahren unverändert mit 10.000 angegeben wird.

Ausgehend davon, dass zum 30. Juni 20142 letztmalig die Möglichkeit bestand, bis dahin noch nicht angemeldete Freizeitwohnsitze nachträglich anzumelden (und so zu legalisieren) verwundert es, dass die Zahl der nach Schätzungen bestehenden illegalen Freizeitwohnsitze über die Jahre weder zu- noch abnimmt und regelmäßig mit circa 10.000 angegeben wird.

Die Gemeinden stecken seit Jahren zunehmend Aufwand in Ermittlungen zum Vorliegen illegaler Freizeitwohnsitze, auf Landesebene werden die Bestimmungen des Tiroler Raumordnungsgesetzes regelmäßig nachgeschärft. Dass die Anzahl der illegalen Freizeitwohnsitze trotz dieses Aufwands, seit mehr als 10 Jahren praktisch ident geblieben sein soll, verwundert.

Auszugehen ist in jedem Fall davon, dass sich die bestehenden nicht bewilligten Freizeitwohnsitze in Alt- und Neufälle unterscheiden lassen, solche, die vor dem Juni 2014 bestanden und diejenigen die danach errichtet wurden, wobei letztere schon bei Baubeginn stärker im Fokus der jeweiligen Gemeinde standen, als das in der Vergangenheit der Fall war und oftmals schon bei Nutzungsbeginn Gegenstand von Ermittlungen zum Bestehen eines allfälligen Freizeitwohnsitzes sind.

In Altfällen handelt es sich um Immobilien die zum Teil seit Jahrzehnten im Familieneigentum stehen und als Feriendomizil genutzt werden – ohne Bewusstsein, dass die Nutzung als Freizeitwohnsitz nicht (mehr) legal ist. Nicht selten werden Eigentümer:innen von solchen Freizeitwohnsitzen erst durch behördliche Ermittlungen davon informiert, dass ihre Nutzung nicht zulässig ist.

Legt man die Anzahl von vermuteten 10.000 Freizeitwohnsitzen in Tirol zu Grunde, erscheint es naheliegend, dass es sich beim überwiegenden Teil um die oben so bezeichneten Altfälle handelt. Nachdem seit circa zehn Jahren durch zunehmende Verfolgung die Schaffung von neuen nicht genehmigten Freizeitwohnsitzen zurückgedrängt wird.

Wer einen nicht genehmigten Freizeitwohnsitz besitzt, steht einem möglichen behördlichen Verfahren gegenüber. Dessen Ablauf stellt sich in groben Zügen dar wie folgt:

Die Behörde beginnt auf Grund eines Verdachts oder einer Anzeige Ermittlungen durchzuführen. In manchen Gemeinden, insbesondere im Osten Tirols, gibt es eigene Ermittlerteams, die die Anwesenheiten in den Immobilien erheben. Die Behörde hat auch Zugriff auf Daten der Energieversorger, aus denen sich der durchschnittliche Jahresverbrauch eines Haushaltes ablesen lässt. In Diskussion ist ein Zugriff auf Daten des Finanzamtes um zu ermitteln, wo Steuern gezahlt werden.

Wenn die Ermittlungstätigkeit abgeschlossen ist, wird dem Immobilienbesitzer eine Stellungnahme im Verfahren eingeräumt. Sie dient dazu, dem Eigentümer die Möglichkeit zu geben, die Gründe für An- oder Abwesenheiten darzutun.

Ziel des Verfahrens aus Warte der Behörde ist es a) die Nutzung der Immobilie zu ermitteln und b) im Fall einer nicht bewilligten Nutzung als Freizeitwohnsitz die Nutzung zu untersagen und allfällig eine Geldstrafe zu verhängen.

Auch wenn die gesetzlichen Bestimmungen und deren Kontrolle in Bezug auf Freizeitwohnsitze inzwischen sehr engmaschig sind, ist doch regelmäßig auf den konkreten Einzelfall abzustellen und bestehen, je nach Ausgangslage, Möglichkeiten, entweder einen behördlich bewilligten Freizeitwohnsitz zu erlangen oder, wenn dieser Weg nicht gangbar ist, eine Lösung anzustreben, die ein Strafverfahren verhütet und eine zukünftige legale Nutzung der Immobilie sicherstellt.

Für Fragen zu der beschriebenen Problematik stehen Ihnen Dr. Zeilinger und Dr. Schmidinger-Singer gerne zur Verfügung.

Kontaktieren Sie uns!

Ihre Rechtsanwälte für Ihre Anliegen.